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Karelian Regional Branch of Interregional Youth non-governmental charity organization Youth Human Rights Group (YHRG) is an independent non-governmental, non-profit, non-political organization officially registered June, 29, 2000 in Petrozavodsk.
19.09.2005 mit W. M. Berschtejn Psychotherapeut - Konfliktologe

mit W. M. Berschtejn Psychotherapeut - Konfliktologe

Die karelische Abteilung der „Jugendgruppe zur Einhaltung der Rechtsnormen (MPG)“ hat mich mit genauer, clever durchgefuhrter Information irgendwie in gar nicht auffalliger Art und Weise, aber doch vollig erfolgreich umworben und dann in ihre Reihen aufgenommen: mich, einen wahrlich nicht mehr jungen Menschen nun mitten im Kreis ihrer Altersgenossen. Mit ihrer Einwilligung begann ich nun, mit den alteren Schulerinnen und Schulern sowie den Lehrkraften systematisch kommunikative Ubungen und theoretische Lektionen zu Toleranz durchzufuhren. Diesbezuglich gibt es etwelche Uberlegungen, die ich gerne weitergeben mochte. Uber die Lehrer werde ich jetzt nicht reden: Sie sind eine besondere Kaste, meiner Meinung nach zuweilen mit standhaften, kaum beweglichen Blicken, die keinen bewertenden Urteilen unterliegen. Ihre Entstehung und „Betonierung“ bei Lehrern ist gesetzma?ig. Das hat aber nichts mit dem Thema Toleranz zu tun, sondern mit Erscheinungen von Deformation und „Ausbrennen“ als Folgen des Berufs („deformation professionelle“ bzw. „burning out“). Uber das Thema Toleranz haben sich die Schulerinnen und Schuler der obersten Klassen mit mir im Rahmen von Ubungen in detaillierter und produktiver Weise unterhalten. Darin wurden Gesetzma?igkeiten bestatigt, die von Psychologen, die zielgerichtet zum Thema Toleranz forschten, schon aufgedeckt worden waren – aber es wurde ein allgemeines russisches Bild von Toleranz gezeichnet.

Zentral ist dabei, dass die uberwaltigende Mehrheit der Beteiligten sehr gut verstand, worum es bei Toleranz geht. Sie wu?ten genau, worin sich diese zeigt. Aber die Diskussion lief mit Bestandigkeit darauf hinaus, Probleme zwischen Volkern beziehungsweise Religionen zu erortern. Es ist moglich, dass dies damit verbunden ist, dass solche Probleme eher erkannt werden, dass sie leicht nachvollziehbar sind, weil sie taglich uberall behandelt werden. Und die Schulerinnen und Schuler sprachen in verstandiger Weise von der Notwendigkeit, Achtung gegenuber fremder Nationalkultur und –tradition, gegenuber unterschiedlicher Religionszugehorigkeit zu bekunden... Praktisch niemand stimmte in den Diskussionen mit dem Prinzip uberein, das in der nationalistischen Losung „Ru?land – den Russen“ ausgedruckt wird. Ein Teil der Schulerinnen und Schuler suchte darin einen anderen Kontext und versuchte, ihrer eigenen Interpretation entsprechend diese Losung umzuformen: beispielsweise auf folgende Art „Ru?land – nicht fur illegale Migranten“.

Fur mich war es interessant und lehrreich, dass sich in verschiedenen Gruppen die Schulerinnen und Schuler bezuglich ihres Verhaltens bei den kommunikativen Spielen in einem einheitlichen Typus fassen lie?en: willentlich oder unbeabsichtigt strebten sie danach, ein hinsichtlich sozialer Komponenten annehmbares Benehmen vorzuzeigen. So charakterisierten sie beispielsweise ihre eigene und die „fremde“ Subgruppe ausschlie?lich nach au?erlichen Kennzeichen: „Alle in Turnschuhen“, „Alle sind in derselben Klasse“, „Alle kommen aus demselben Stadtteil“ ... Und etwa in dieser Art losten sie die Aufgabe, zu erortern, in welcher Beziehung die eigene Subgruppe schlechter oder besser als die fremde ist. Da war beispielsweise Folgendes zu vernehmen: „bei ihnen gibt es mehr Knaben“, „bei uns gibt es zwei Superschulerinnen beziehungsweise -schuler“, „bei ihnen gibt es mehr Schulerinnen und Schuler, die den Unterricht schwanzen und herumhangen“ ... Das hei?t, es fiel nicht ein einziges Wort, womit auf irgendeine Weise nicht nur nationale Werte verletzt, sondern auch individuelle Eigenschaften gekrankt werden konnten. Weiter wurde nichts ausgesprochen, womit man irgendjemanden auf irgendeine Art beleidigen konnte! Welche weltanschauliche Idylle! All dies deute ich als tagliches Auftauchen meiner minderjahrigen, unter Vormundschaft stehenden Symptome des Konformismus, der erfasst und erklart werden muss. Meiner Meinung nach gibt es eine uberzeugende Begrundung dafur, was innerhalb der kommunikativen Ubungen geschehen ist. Ich arbeitete mit Gruppen von Gleichaltrigen. Sie hangten sich aneinander, sie haben das Bedurfnis, sich selbst als Teil einer Gruppe zu empfinden, die sich gerade bildet und auf psychologischer Ebene fur jeden Angehorigen Sicherheit bietet. In den spielerischen Ubungen bemuhte ich mich, die Ebene der Toleranzfahigkeit der jungen Teilnehmer zu erfassen, wobei diese sich selbst daruber im Klaren sein sollten. Doch die Schulerinnen und Schuler nahmen in diesen spielerischen Ubungen intuitiv den Angriff auf ihre Einheit wahr, den Versuch, „ihre Kopfe zusammensto?en zu lassen“, und stellten sich dem so gut wie moglich entgegen, indem sie die Aufgaben auf einer bezuglich der Einheit ihrer freundschaftlichen Gemeinschaft ungefahrlichen Ebene losten. Mit anderen Worten, in den Ubungen zu Toleranz mit Schulerinnen und Schulern aus derselben Klasse tritt hauptsachlich und markanter als alles andere das Niveau ihrer Einigkeit zutage. Klar ist das auch ein Resultat, dass ich nicht geringschatzen sollte. Doch fur mich selbst habe ich den Schluss gezogen: Ubungen zu Toleranz mussen mit Vertretern verschiedener Gruppen oder Subgruppen durchgefuhrt werden, mit Menschen, die sich untereinander kaum kennen.

In jeder Ubung stellte ich den Schulerinnen und Schulern die Frage: „Also, auch wenn ihr, als typische Vertreter von Abschlussklassen aus Petrozavodsk, derma?en tolerant und rucksichtsvoll im Umgang mit anderen Nationalitaten seid, gibt es bestimmt den einen oder anderen, zum Teufel auch, der von Zeit zu Zeit nach dem Unterricht auf dem Schulhof einen „Fremdling“ verdrischt, oder?!“ Eine deutliche Antwort erhielt ich kein einziges Mal. Ja, ehrlich gesagt habe ich dies auch nicht erwartet. Woher sollen die Schulerinnen und Schuler die bei ihnen in diesem Alter ablaufenden Prozesse verstehen, die in unseren auf drei bis vier Unterrichtseinheiten beschrankten Zusammenkunften zur Sprache kommen und weiter bekraftigt werden? Woher sollen sie die wahren Grunde fur fehlende Toleranz kennen? Und ich versuchte, ihnen daruber zu berichten...

Im Alter von Halbwuchsigen und Fruhjugendlichen ist das Streben nach Vereinigung in Gruppen besonders ausgepragt. Aber die Entstehung einer Gruppe ist, wie es die Psychologie festgesetzt hat, unabhangig vom Alter ein einheitlicher Prozess, der aus einigen bestimmten Etappen besteht. Am Anfang werden wir einer Gruppe zugeschrieben oder wir tun dies gleich selbst. Und zu Beginn messen wir dieser Tatsache keine besondere Bedeutung bei, weil wir – sei es im Rahmen der Gruppe oder au?erhalb derer Grenzen – uns darum bemuhen, hauptsachlich unsere Individualitat zu bewahren. Und dieses Recht gewahren wir auch anderen. Das hei?t, wir verhalten uns schon in der allerersten Zeit, wenn wir uns in ein Wechselverhaltnis mit einer Gruppe bringen, vollends tolerant.

Jede beliebige Gruppe aber strebt in objektiver Weise danach, sich in verbindlicher Art zusammen zu schlie?en. Und leichter, schneller, fester schwei?t man sich gegen den gemeinsamen Feind zusammen. Dieser wird aktiv gesucht, diesen denkt man sich wenn notig aus ... Wenn erst dieser Prozess in Gang kommt, kann man die Toleranz getrost vergessen! Zum „Feind“ wird nicht selten ein Mitglied derselben Gruppe, dem die Rolle des „Sundenbocks“ zugeteilt wird, wobei sich die ubrigen Mitglieder gegen ihn „verbrudern“. Wenn dieser Mensch aus der Gruppe ausgeschlossen wird, und das geschieht in praktisch jedem Fall, bleibt sein Platz nicht lange vakant. Allerdings gehen in der Etappe der Auseinandersetzung innerhalb der Gruppe noch lange nicht alle vollends in der Gruppe auf. Viele behalten ihre eigene Meinung und ihre Fahigkeit zu objektiven kritischen Aussagen bei. Deshalb sucht die Gruppe einen au?enstehenden Feind, wobei eine Art kollektive Intuition als Handlungsmittel eingesetzt wird. Haufig wird dieser mit einer anderen Gruppe personifiziert. So sind unter bestimmten Bedingungen die „Fans“ eines Fussballklubs sehr daran interessiert, dass „Fans“ eines anderen Klubs existent sind. Und wie wir wissen, finden diese Gruppen einander. Der Prozess des Toleranzbruchs geht auf eine Ebene uber, in der zwischen mehreren Gruppen agiert wird, wobei sich dies auch nach bereits bekannten psychologischen Gesetzen entwickelt. In erster Linie konzentriert sich eine Gruppe auf eine andere, und es entstehen Verallgemeinerungen hinsichtlich der Beziehung von „eigen“ und „fremd“. Das ist alles! Beide Gruppen horen auf, sich gegenseitig als Gesamtheit von Individuen wahrzunehmen und wandeln sich jeweils zu einer gleichartigen gesichtslosen Masse, wobei sie einander feindlich gegenuberstehen. Dieses Phanomen baut auf dem Mechanismus des Vergleiches auf. Ob sie besser oder schlechter sind – „sie“ hat uberhaupt keine Bedeutung. Hauptsache, sie sind anders! Und es treten zwei Prinzipien der absoluten Intoleranz in Kraft, die in Ru?land schon in den ersten Jahren der Sowjetmacht formuliert worden sind: „Wer nicht fur uns ist, ist gegen uns!“ und „Wenn sich der Feind nicht ergibt, wird er vernichtet!“ Aber der „Feind“ muss irgendwie charakterisiert werden. Und hier entsteht die Wortverbindung „Sie alle ... „. Dieser folgt weiter unbedingt eine negative Charakterisierung: „Sie alle sind hinterlistig“, „Sie alle stehlen“, „Sie alle sind gegen unsere Leute“ ... Schlie?lich kommt eine Gruppe – unter Einfluss ihrer Leitfiguren (uber sie sollte gesondert diskutiert werden) – zum Schluss: Sind „sie“ mal nicht so, wie wir das wollen, planen „sie“ bestimmt irgendetwas Ubles und Gefahrliches gegen uns. Danach fangt diese Gruppe an, aktiven Widerstand gegen diejenigen zu leisten, die wahrscheinlich nicht einmal daran gedacht haben, in irgendeiner Art uber sie herzufallen. Und die zweite Gruppe nimmt diesen „praventiv geleisteten Widerstand“ als unverhullten Angriff wahr und wehrt sich auch aktiv dagegen. So also beginnt oft eine primitive Schlagerei, bei welcher es gar keine Angreifer gibt – allein Verteidigende, und alle Beteiligten fuhlen sich im Recht und beleidigt.

In meinen Seminaren, Ubungen und Diskussionen weise ich besonders auf folgende Gefahr hin: Uberall, wo die Worte „Sie alle ... „ laut ausgesprochen werden – und sei es mit dem Anflug eines Kompliment („Sie alle sind klug“, „Sie alle sind standhaft“ ... ) – dort ist keine Toleranz zu finden, sondern es besteht eine gro?e Bedrohung durch Feindlichkeit, bisweilen durch blutige Feindschaft. Auf der Stelle sollte man sich daran erinnern, dass „sie alle“ aus konkreten Personen bestehen – kluge wie dumme, gute wie schlechte, freundliche wie bosartige Menschen, die es in jeder Nation, in jedem Volk gibt, neben Menschen aller Glaubensrichtungen und unterschiedlicher Hautfarbe. So besteht eine Moglichkeit der Vergro?erung von Toleranz zwischen Angehorigen verschiedener Nationen beziehungsweise Volkern oder unterschiedlicher Religionen darin, sich nicht auf die „fremde“ Gruppe zu konzentrieren, sondern auf die konkreten Menschen, die ihr angehoren. Mit Sicherheit finden wir unter ihnen Personen, denen wir unsere Wertschatzung und Sympathie entgegenbringen. Dies bedeutet, dass es moglich ist, nicht daruber zu sprechen, was uns von einander trennt, sondern daruber, was uns verbindet. Zweites lasst sich auf Wunsch der beteiligten Parteien immer finden!

Alle diese Probleme erortere ich auch mit den Schulerinnen und Schuler in meinen kommunikativen Ubungen – aus verstandlichen Grunden mit anderen, fur sie leicht verstandlichen Worten. Und hier gleich noch eine Beobachtung, die ich bei meiner Arbeit mit den Schulerinnen und Schulern der Abschlussklassen gemacht habe: Sobald ich versucht habe, das Thema Toleranz au?erhalb des Rahmens Nation, Volk, Religion, Hautfarbe anzusprechen und die Frage nach der Toleranz von Minderheiten bezuglich sexueller Vorlieben aufwarf, konnten oder wollten sie mich nicht mehr verstehen. Dabei teilten sich die Ubungsteilnehmerinnen und -teilnehmer in der Regel in zwei Gruppen auf: eine Mehrzahl operiert mit Stereotypen und Vorurteilen, eine kleine Zahl verfugt nicht einmal uber die elementaren Kenntnisse in diesem Gebiet. Fur mich als Psychologen, der sich nicht ein Jahr mit Problemen der Sexualkunde beschaftigt hat, ist es eine vollkommen offensichtliche Notwendigkeit, die Jugendlichen in dieser Richtung aufzuklaren. Ob man dies nachvollziehen wird und die Moglichkeiten dafur schaffen wird, um dies bei den ideologischen Bedingungen, die heute in Ru?land herrschen, durchzufuhren, ist fur mich mehr als fraglich.

 


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